Oligodendrozyten sind ein Bestandteil des Zentralnervensystems und bilden das Myelin, das die Zellfortsätze (Axone) von Nervenzellen umgibt, um sie elektrisch zu isolieren. Diese Isolierung ist erforderlich, um eine schnelle Leitungsgeschwindigkeit der Nervenzellen zu gewährleisten. Bei neurologischen Erkrankungen, insbesondere bei Multipler Sklerose, wird das Myelin, die Isolierschicht, durch das Immunsystem angegriffen und zerstört. „Man kann es sich wie bei einem elektrischen Kabel vorstellen, bei dem die Isolierummantelung beschädigt ist“, erläutert Dr. Leda Dimou vom Institut für Physiologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Die Oligodendrozyten können sich, wie man seit kurzem weiß, abhängig von der Region, in der sie sich befinden, ein Leben lang im Gehirn aus Vorläuferzellen entwickeln. Ein Forscherteam um Dr. Leda Dimou hat nun die Vorläuferzellen der Oligodendrozyten genauer untersucht, um herauszufinden, worin die Unterschiede in deren Entwicklungspotenzial liegen. Diese Ergebnisse wurden jetzt in Nature Neuroscience publiziert.
Suche nach den Faktoren
Abhängig von der Region im Gehirn, in der sich die Vorläuferzellen befinden, entwickeln sich aus ihnen mehr oder weniger Oligodendrozyten, die Myelin produzieren können. Vorläuferzellen in der weißen Substanz des Gehirns, die hauptsächlich aus Nervenfasern besteht, bilden mehr Oligodendrozyten als jene in der grauen Substanz, in der die Nervenzellkörper angesiedelt sind.
„Unser Ziel war es, zu untersuchen, ob dieser Unterschied in den Zellen selbst liegt oder ob es von der Umgebung abhängt“, sagt Leda Dimou. Im Mausmodell konnten die Wissenschaftler durch Transplantation der Vorläuferzellen verfolgen, wie sich diese unabhängig von ihrer ursprünglichen Umgebung entwickeln. „Unsere Arbeit zeigt, dass diese Unterschiede im Wesentlichen in der Zelle selbst liegen. Vorläuferzellen aus der weißen Substanz entwickeln sich in beiden Gehirnregionen zu myelin-produzierenden Oligodendrozyten. Vorläuferzellen aus der grauen Subtanz sind weniger effektiv“, sagt Leda Dimou.
Weg zum Verständnis der Ursachen
In einem nächsten Schritt wollen Leda Dimou und ihre Arbeitsgruppe nun untersuchen, welche Faktoren die Effektivität der Vorläuferzellen bestimmen. „Das Ziel ist herauszufinden, wie man die Zellen im Gehirn dazu bringt, dass sie sich immer zu Oligodendrozyten entwickeln können, um so Myelin produzieren zu können“, sagt Dimou. „Von einer Therapie sind wir zwar noch weit entfernt, aber unsere Forschung ist ein wichtiger Beitrag auf dem Weg zum Verständnis der Ursachen und des Verlaufs von Erkrankungen wie Multiple Sklerose.“
Originalpublikation:
Transplantation reveals regional differences in oligodendrocyte differentiation in the adult brain
Leda Dimou et al.; Nature Neuroscience, doi: 10.1038/nn.3503; 2013
“Von einer Therapie sind wir zwar noch weit entfernt …” und so wird es dabei wohl bleiben.
Eine Möglichkeit, die Remyelenisierung anzuregen (man sieht ja in den Kontroll-MRT gar nicht so selten, dass alte Herde verschwinden), liegt in Therapie mit den für die Myelinbildung wichtigen Spurenelementen Fe, Cu, zusätzlich Vitamin B12 (in Form von Methylcobalamin), Methionin und der w3-Fettsäure DHA.
In Verbindung mit einer Regulation der Th1-Th2-Schiene, für die u.a. 25(OH)D3 essentiell ist, klappt das oft ganz gut, wie ich in knapp zwanzig Praxisjahren mit einem großen Klienten von MS-Betroffenen feststellen konnte.
Offensichtlich existieren körpereigene neuronale Reparatursysteme, die man m.E. intensiver erforschen sollte.
Aude sapere!